Ein Segeltörn mit einer Hurley 20 von Bornholm nach Stockholm

 

Dieser Törn war in dreierlei Hinsicht im Gegensatz zu meinen bisherigen Mittelmeer-Segeltörns etwas besonderes:

 

Erstens:

Er führte mich erstmals in nördlichere Gefilde, die ja hinsichtlich des gewünschten guten Urlaubswetters als unsicher gelten. Wer kennt nicht den Spruch „ auf der Ostsee segeln ist wie unter der kalten Dusche Hundertmarkscheine zerreißen“. Aber es kam ganz anders, denn es gab dieses Jahr Mittelmeerwetter, d.h. wir verspürten sogar mehrmals Anzeichen eines Sonnenstiches. Besonders gespannt war ich auf die von meinem Sohn Sebastian gepriesenen  schwedischen Schären. Und ich wurde nicht enttäuscht – sie sind ein wunderschönes Segelrevier ! Die vielen kleinen Inseln bestehen aus runden, glatten Felsblöcken, die mit Kiefern bewachsen sind und auf denen vereinzelt typische, braun und weiß gestrichene  schwedische Holzhäuschen mit Fahnenmast und Bootssteg  zu sehen sind. Es gibt viele gefährliche Untiefen, die sich teilweise durch vereinzelt brechende Wellen verraten. Darum ist eine sorgfältige Navigation erforderlich, d.h. die kleinen Leuchttürme entsprechend ihrer Form identifizieren und die Fahrwassertonnen erkennen, identifizieren bzw. mitzählen. Beim Verlassen des gekennzeichneten Fahrwassers zur Suche eines urigen Ankerplatzes muß nach Sicht und mit Echolot gefahren werden. Oftmals kann man direkt an einer steil ins Wasser abfallenden Felswand festmachen und die Insel mit einem Schritt von Bord aus betreten. 

 

Zweitens:

Wir waren mit der Privatyacht „Lumumba“ meines Sohnes einer Hurley 20 (Bilder und Daten siehe www.sail2k.de Ostseetörns ) unterwegs, die verglichen mit einer Charteryacht über 36 Fuß vom Wohnkomfort vergleichbar ist wie Zelten und Pension. Aber Zelten ist bekanntlich romantischer und erlebnisreicher. Und so war es auch, es ist eng in der Kabine (zum Schlafen mußten erst Kisten umgestapelt werden), gekocht und gegessen wird in der Plicht und eine Toilette an Bord gibt es nicht. Die Seekarten und das GPS wurden mit einem Gummiband neben dem Schott angebracht und der Pinnenpilot erwies sich als sehr unzuverlässig. Andererseits war vieles an Bord was keine Charteryacht bietet wie Bordbibliothek, Radio mit CD-Player und Außenboxen, reichlich Werkzeug, üppiger Weinvorrat, Grill, Hängematte, Inlinescater, Angeln und diverse Spiele. Wir waren immer das kleinste und langsamste aber neben den Superyachten auch eins der meist beachteten Boote. Nach einem Blick auf unsere Heckbeschriftung wurde oft die Frage gestellt, ob wir wirklich von Berlin aus gesegelt seien und wo wir noch hin wollen. Auch ich, der ja nur eine kleine Teilstrecke mit von der Partie war,  genoß die ehrfurchtsvollen Minen der Fragesteller bei der Antwort „Helsinki“.  Im seemännischem Sinne wurde uns mehr abverlangt als auf einer großen Yacht, da der Wellengang und Wind unmittelbarer auf so ein kleines Boot einwirkt und das Motoren mit dem 5 PS Außenborder nerviger war. 

 

Drittens:

Ich war der Einladung von Sebastian gefolgt ihn auf einem Teil seiner ehrgeizigen Strecke von Berlin nach Helsinki und zurück zu begleiten. So legten wir gemeinsam in 14 Tagen 328 Seemeilen zurück, wobei unser größtes Etmal 67 Seemeilen über die freie See von Bornholm nach Kristianopel (Schweden) betrug. Im Gegensatz zu meinen bisherigen gemächlichen auf Erholung und Entspannung ausgelegten Mittelmeer-Törns mußten wir hier mehr auf zügiges Vorankommen achten um das Erreichen des Fernzieles nicht zu gefährden.

 

Hier ein kurzer Törnbericht:

 

5.7. 2003

  Ich reise von Berlin mit Zug, Fähre und Bus bis zum Stadthafen Allinge auf Bornholm. Im Hafen erlebe ich das Ende des Hafenfestes mit.

6.7.2003

  Wir starten früh Richtung  Schweden nach Ütklippan, bleiben aber regelrecht im Nebel stecken, da der angesagte Wind ausbleibt. Um uns herum sind die Nebelhörner der Frachter zu hören und wir durchfahren einen stinkenden mit Öl und Diesel verschmutzten Bereich – es ist eine gruselige Situation . Wir drehen Richtung ChristianÖ ab. Auf die Hafeneinfahrt sind alte Kanonen gerichtet, die das unwillkommene Einlaufen sicherlich wirkungsvoll verhinderten . Ausgiebige Erkundung der sehr netten Insel.

7.7.2003

  Bei guten Segelbedingungen, d.h. 4Bft Halbwind und 1m Welle, erreichen wir nach 8 Stunden Ütklippan. Beim Durchfahren der Schiffahrtslinie waren teilweise bis zu 5 Frachter in Sichtweite. Da es so gut lief, fuhren wir nun in ruhigeren Gewässern noch bis Kristianopel, am Eingang zum Kalmarsund (zwischen Öland und schwedischen Festland). Auch hier erleben wir das Ende eines hier alkoholfrei gefeierten Hafenfestes. Insgesamt haben wir zermürbende 67sm bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 5Kn zurückgelegt.

8.7.2003

  Unter brennender Sonne erst 11 Uhr abgelegt und nach 27 sm in Kalmar festgemacht. Stadtbesichtigung und Abendessen in der Altstadt.

9.7.2003

  Wäsche gewaschen und emails gecheckt. Dann bei mäßigem Wind und später unter Motor unter der Kalmarsundbrücke hindurch bis Borgholm, dem Sommersitz des schwedischen Königs. Wieder Musik im Hafen und viel Trubel im Ort. Schwedisches Starkbier getrunken (5,2%) – Oha Oha.

10.7.2003

  Hafentag da 4Bft Nordwind – wäre sinnlos genau gegenan kreuzen zu wollen. Sebastian werkelt am Boot und ich shope ein wenig. Dann besichtigen wir die Burgruine und den königlichen Sommersitz. Gegen 19 Uhr ist der Wind eingeschlafen und Sebastian, als Skipper, beschließt unter Motor bei Sonnenuntergang noch bis Sandvik zu motoren.

11.7.2003

  Nach der ausführlichen Besichtigung aller technischen Details einer gut erhaltenen Windmühle schleichen wir bei 1 – 2Bft und brennender Sonne in Richtung blauer Jungfrau. Dann endlich frischt der Wind zunehmend auf und wir fahren im Schmetterlingskurs mit ausgebaumter Genua in die Schären ein. Sebastian findet den schon einmal genutzten sehr romantischen Anlegeplatz an einer Felswand. Wir liegen wie an einem Kai. Es gibt Sekt zur Begrüßung der Schären. Die abendlichen Angelversuche bleiben erfolgslos. Erst gegen 24 Uhr können uns die Mücken in der Koje begrüßen.

12.7.2003

  Nach einem morgendlichem Bad mit Klippensprüngen legen wir gegen 12 Uhr ab und reihen uns in den starken Mittsommer-Wochenend-Schiffsverkehr im Hauptfahrwasser ein. Nach Durchquerung eines kleinen Regenschauers deutet sich ein weiteres Unwetter durch eine enorm schwarze Wolkenwand an. Leider zieht es nicht vorbei sondern setzt schlagartig mit starkem Regen und Wind ein. Es bleibt nur wenig Zeit um die Fock (keine Rollvorrichtung) zu bergen und das Groß zu reffen. Trotzdem messern wir mit 5Kn bei stark eingeschränkter Sicht durch das betonnte Fahrwasser. Die Hurley läßt sich erstaunlich gut steuern bei diesem Wetter. Um 20 Uhr legen wir an der Insel Langholm an.

13.7.2003

  Insel erkundet und Blaubeeren gegessen. Heute ist der Wind schwach und genau gegenan, sodaß oft nerviges motoren angesagt ist. Wir werden zweimal von Wochenend-Bootstouristen nach Position und Weg gefragt – die Navigation in den Schären ist doch nicht einfach ! Mittags legen wir einen kurzen Stop in der Marina Fyrüdden zum Essen, Verproviantieren, Stom- und Wassernehmen ein. Auf einer namenlosen Insel grillen wir und beobachten den Sonnenuntergang bei einigen Glas Rotwein.

14.7.2003

  Wieder wenig gesegelt und viel motort, sodaß Tanken in der Marina Öxolösund erforderlich war. Auf unserer am Abend auserkorenen wieder namenlosen Insel versuchen Ameisenscharen über die Festmacherleinen unser Boot zu erobern. Wir hindern sie erfolgreich durch auf die Leinen angebrachte Mückenschutzcreme-Ringe und können so ungestört den Sonnenuntergang erleben.

15.7.2003

  12sm motort und 18sm über teilweise ungeschütze See bei guter Welle gesegelt. Mittags in rustikaler Fischerkneipe gegessen. Wieder ist stechende Sonne aber kühlender Wind. Gegen 20 Uhr an sehr felsiger Insel festgemacht. Haben Kletterleine zum erklimmen der Insel ausgebracht. Nach dem Abendessen lassen wir genießerisch den Tag ausklingen. Um uns noch etwas zu beschäftigen, halten wir die Angeln ins Wasser. Und siehe da gegen 22:30 Uhr fange ich den ersten Fisch auf diesem Törn - einen ca. 40 cm langen Hecht. Zaghaft zerlege ich das erste mal einen Fisch eigenhändig im Lichtschein meiner neuen LED-Kopflampe. Zwei Filets braten und verspeisen wir bei einem Gläschen Rotwein. Gegen 1 Uhr gehen wir gemeinsam mit tausenden Mücken in die Koje.

16.7.2003

  In der Marina Nynäshamn Lebensmittel gekauft und im Systembolag (staatlicher Alkoholverkauf) in die Warteschlange der Sprittis eingereiht. Beim Auslaufen grüße ich mit der Bierdose den Kapitän der Schnellfähre nach Gotland. Abends haben wir einen Sandstrand gesucht. Beim ersten Anlauf  versuchten wir vergeblich einen Platz inmitten hunderter von Booten zu finden aber im zweiten Anlauf  fanden wir einen herrlichen einsamen Sandstrand. Später gesellte sich noch eine kleine Fähre mit zwei kinderreichen Familien dazu.

17.7.2003

  In Malma Kvarn, einem kleinen Hafen mit Flair, angelegt. Hier findet der Crew-Wechsel zwischen mir und Sebastians Freundin statt.

18.7.2003

  Ausflug mit dem Auto nach Stockholm. Besichtigung der königlichen Markthalle, des Schlosses, Parlamentes, der Altstadt und des Vasamuseums. Abends wird an einem kleinen romantischen See gemeinsam mit Freunden gegrillt und ein Lagerfeuer angezündet.

19.7.2003

  Ruhiger Tag am See.

20.7.2003

  Rückreise mit dem Auto nach Berlin.